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Arbeitsrecht Die Sache mit dem Desinfektionsmittel

Im Januar hatte das Landesarbeitsgericht Düsseldorf über einen Fall aus Mönchengladbach zu entscheiden. Anlass war ein Urteil gegen den Arbeitnehmer. Sein Arbeitgeber hatte ihn fristlos gekündigt und Recht erhalten.

Der Familienvater war in einem Lager beschäftigt. Im ersten Lockdown stellte die Firma ihren Leuten Desinfektionsmittel bereit. Zu der Zeit waren Desinfektionsmittel und Papierhandtücher ein knappes Gut. Unser Kläger entnahm aus einem Materialkäfig eine Einliterflasche – ausreichend für 300 Handdesinfektionen – sowie eine Rolle Handtuchpapier und verbrachte diese in seinen Pkw.

Eine Mitarbeiterin des Werkschutzes beobachtete das und machte Meldung. Die Folge war die Kündigung.

Es entspricht einer weit verbreiteten Vorstellung, dass eine fristlose Kündigung nicht ohne Abmahnung wirksam ist. Denn sonst kann ja nicht die Prognose, dass sich ein solches Verhalten wiederholen wird, gestellt werden. (Exkurs: Eine verhaltensbedingte Kündigung soll nicht zurückliegendes Fehlverhalten bestrafen, sondern künftig zu erwartendes Fehlverhalten verhindern.)

Hier gab es keine Abmahnung. Vielmehr bestand das Arbeitsverhältnis seit 16 Jahren beanstandungsfrei. Zwei unterhaltspflichtige Kinder würden von einer Kündigung betroffen sein. Der Arbeitnehmer verteidigte sich im Verfahren entsprechend und meinte, die Kündigung sei unverhältnismäßig. Mitnichten, so das Gericht, das Landesarbeitsgericht schloss sich dem an.

„Ein Arbeitnehmer, der in Zeiten einer Pandemie dringend benötigtes Desinfektionsmittel dem Zugriff seines Arbeitgebers und seiner Arbeitskollegen entzieht, obwohl er weiß, dass dieses Desinfektionsmittel schwer zu beschaffen ist, kann nicht damit rechnen, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten lediglich mit einer Abmahnung oder einer fristgerechten Kündigung ahnden wird.“ Der Arbeitnehmer habe „in Kauf genommen, dass andere Mitarbeiter, die ebenso um ihre Gesundheit fürchteten wie er, leer ausgingen, während circa dreihundert Einheiten Handdesinfektion nur für ihn zugänglich im Kofferraum seines Pkw lagen.“ Dieses Verhalten habe das in ihn und seine Redlichkeit gesetzte Vertrauen in einer Weise zerstört, das auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könne. Der Vorfall zeige, dass er „seine eigenen Interessen rücksichtslos über die Interessen der Beklagten und der übrigen Arbeitnehmer stellt und dabei sogar Gesundheitsgefährdungen anderer Arbeitnehmer in Kauf nimmt.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Vielleicht, dass man als Arbeitgeber doch nicht immer 0:1 hinten liegt, wenn man gut beraten ist.