Verkehrsrecht Verbraucherfreundliches Urteil des LG Osnabrück im VW-Abgasskandal
Sind die Schadensersatzansprüche gegen VW Ende 2018 doch noch nicht verjährt?
Im Jahr 2015 war der Abgasskandal überall in den Nachrichten, keiner kam an diesem Thema vorbei. Auch heute ist der Abgasskandal von VW noch in aller Munde. Im September 2015 hat der VW Konzern die Öffentlichkeit darüber informiert, dass in den VW-Dieselmotoren des Typs E189 eine unzulässige Manipulationssoftware installiert worden ist.
Sehr kurzfristig wurde daraufhin Ende 2018 die Musterfeststellungsklage eingeführt. Mit dem Beitritt zur Musterfeststellungsklage sollten die betroffenen Kunden die Möglichkeit erhalten, die Ende 2018 drohende Verjährung möglicher Schadensersatzansprüche gegen VW abzuwenden.
Das Landgericht Osnabrück hat sich mittlerweile mit dem Urteil vom 3. März 2019 (AZ. 6 O 918/19) bezüglich der Verjährungsproblematik befasst. In diesem Fall ging es um eine erst 2019 erhobene Klage gegen VW und die damit verbundene Frage: Sind die Ansprüche bereits verjährt? Das Landgericht Osnabrück sagt ganz klar: Nein!
Nach Meinung der VW AG trat die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB gemäß § 199 Abs. 1 BGB in Kraft, sobald dem Anspruchssteller die wesentlichen Umstände der anspruchsbegründenden Tatsachen bekannt wurden. Somit seien mögliche Ansprüche mit Ablauf des 31. Dezember 2018 verjährt.
Der klagende Fahrzeugeigentümer war jedoch anderer Auffassung. 2015 sei nicht zweifellos klar gewesen, dass der VW Konzern für die vom Kraftfahrtbundesamt monierte Software hafte und der Betroffene Ansprüche geltend machen könne.
Das Landgericht Osnabrück vertritt folgende Rechtsauffassung:
Der Verjährungsbeginn setzt voraus, dass der betroffene Kunde ohne weiteres erkennen kann, dass ihm Ansprüche auf Schadensersatz gegen den VW Konzern zustehen. Eine Voraussetzung ist dabei, dass das Führungspersonal des Konzerns für den Softwareeinsatz mitverantwortlich gemacht werden kann. Das ist im Jahr 2015 jedoch noch nicht hinreichend klar gewesen. Selbst heute ist nicht bekannt, wer tatsächlich beim VW Konzern über die Softwareentwicklung und deren Einsatz entschieden hat. Dass dennoch Ansprüche geltend gemacht werden können, hier aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB), habe sich erst nach 2015 herausgestellt.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der VW Konzern hat Berufung eingelegt. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg bleibt abzuwarten.
Sollten auch Sie vom Dieselabgasskandal betroffen sein, lohnt es sich, überprüfen zu lassen, ob auch jetzt noch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.