Erbrecht Digitaler Nachlass – Dürfen Erben auf ein facebook-Konto zugreifen?
Mit Urteil vom 12.07.2018 (Az.: III ZR 183717) hat der BGH entschieden, dass ein Vertrag über ein Benutzerkonto bei facebook vererbbar ist.
Geklagt hatte die Mutter der im Alter von 15 Jahren unter ungeklärten Umständen verstorbenen Tochter. Sie und der Kindesvater beerbten die Tochter. Diese verfügte über ein Benutzerkonto bei facebook, von dem sich die Eltern Erkenntnisse über den Tod ihrer Tochter erhofften und Zugang begehrten. Dieser wurde ihnen seitens facebook jedoch verwehrt und das Benutzerkonto in den Gedenkzustand versetzt, so dass ein Zugriff selbst mit Zugangsdaten nicht mehr möglich war.
In erster Instanz obsiegte die Klägerin. Auf die Berufung von facebook änderte das Kammergericht das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage ab. Über die Revision hat nunmehr der BGH entschieden, das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Danach haben Erben grundsätzlich einen Anspruch auf Zugang zu einem Benutzerkonto des/der Erblassers/in bei facebook und den darin enthaltenen Kommunikationsinhalten. Der Nutzungsvertrag mit facebook geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge wie der sonstige Nachlass auf die Erben über. Die Vererblichkeit ist nicht durch vertragliche Bestimmungen ausgeschlossen, da die vorhandenen Regeln zum Gedenkzustand einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Ebenso wenig durch das Wesen des Vertrages, den der BGH nicht als höchstpersönlich, sondern als an das Benutzerkonto gebunden einstuft. Ein Ausschluss der Vererblichkeit wegen des postmortalen Persönlichkeitsrechts scheidet nach Ansicht des BGH ebenfalls aus. Nach gesetzgeberischer Wertung gehen alle Rechtspositionen, auch solche mit höchtspersönlichem Inhalt auf die Erben über, ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk ebenso wie z. B. Briefe und Tagebücher. Auch das Fernmeldegeheimnis ist nach Ansicht des BGH nicht betroffen, da Erben vollständig in die Positionen des/der Erblassers/in einrücken und damit nicht „anderer“ im Sinne des Telekommunikationsgesetzes sind. Ferner räumte der BGH Bedenken betreffend den Datenschutz aus. Datenschutzrechtliche Belange der Erblasserin seien nicht betroffen, da die neue DS-GVO nur die Daten lebender Personen schützt. Insoweit Daten Dritter betroffen sind, sei dies nach der DS-GVO zur Erfüllung des Vertrages als auch wegen überwiegender berechtigter Interessen zulässig.
Diese Entscheidung des BGH beendet die juristisch kontroverse Diskussion hierzu und wird sich auf die Behandlung ähnlicher Verträge voraussichtlich übertragen lassen.