Arbeitsrecht Das Arbeitsrecht in der Pandemie
Kürzlich wurde ein Fall aus Hamburg öffentlich, in dem ein Bankkaufmann die Bezahlung seines Gehaltes durchgesetzt hat, ohne dass er hierfür gearbeitet hatte. Passiert war folgendes:
Der Arbeitnehmer war in der persönlichen Kundenberatung als Finanzberater tätig. Die Bank bot ihren Kunden Finanzberatung auch online und per Telefon an. Die Bank passte ihr Hygienekonzept der einschlägigen Corona-Schutzverordnung an. Sie gab die Order aus, dass alle Beschäftigten fortan einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen hätten. Homeoffice war nicht vorgesehen. Der Arbeitnehmer hatte nun ein Problem. In seinem 7. Lebensjahr war es zu einem Geschehen gekommen, aus welchem ein posttraumatisches Belastungssyndrom resultierte, sodass ihm heute das Tragen eines solchen Mund-Nasen-Schutzes unmöglich war.
Er bot deshalb der Bank an, in eine Filiale zu wechseln, die in der Nähe seiner Wohnung liegt. Dort wollte er in einem durch einen Nebeneingang erreichbaren Einzelbüro abgeschirmt von jeglichem Publikumsverkehr in der Telefonberatung tätig sein und im Bedarfsfall nicht die betrieblichen Sanitär-und Sozialräume benutzen, sondern mit wenig Zeitaufwand seine eigenen Räumlichkeiten zu Hause.
Die Bank lehnte ab, verwies den Bankkaufmann des Hauses und stellte in Ermangelung der arbeitsvertraglichen Tätigkeit die Bezahlung ein. Das war ein Fehler.
Der Bankkaufmann erschien weisungsgemäß nicht mehr zur Arbeit. Er meinte aber, dass die Bank ihn bezahlen müsse. Denn sie habe sein Angebot, die geschuldete Arbeit in der rechten Weise am rechten Ort zur rechten Zeit zu erbringen, grundlos abgelehnt. Er bekam Recht (Arbeitsgericht Hamburg, 23. März 2021 – 15 Ca 566/20).
Das Arbeitsgericht berücksichtigt, dass ein Arbeitgeber zwar die nähere Bestimmung der Arbeitsleistung einseitig vornehmen kann, dies aber nach billigem Ermessen tun muss, also in Abwägung von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen und -belangen, sowie insbesondere auch unter Rücksichtnahme auf Behinderungen des Arbeitnehmers. Den organisatorischen und gegebenenfalls auch finanziellen Mehraufwand, der durch die vorübergehende Zurverfügungstellung des erforderlichen Equipments wie Drucker und Kopierer zur Einzelnutzung in dem Einzelbüro entsteht, soll der Arbeitgeber hinnehmen müssen.
Die Entscheidung ist bedenklich. Sie führt durch die Hintertür einen Anspruch auf Homeoffice ein, den das Gesetz nicht vorsieht. Arbeitnehmer sollten sich ermutigt sehen, mit ihren Chefs das Thema neu zu erörtern. Arbeitgebern ist zu empfehlen, die eigenen Argumente genau zu prüfen.